Leichtgewichtigeres Kneipen-Symbol

Gerhard Braungardt aus Nehren hat für das Wirtshausschild vom Genossenschafts-Gasthaus Schwanen ein neues Federtier gestaltet. Das alte war zerrupft und etwas zu plattfüßig.

Wer in den letzten Wochen in Nehren an dem alten Fachwerkhaus direkt

gegenüber dem Rathaus in der Hauptstraße vorüberging, konnte, oft schon

am frühen Morgen, ein stetes Hämmern, Klopfen, Sägen vernehmen. Mit

Punzen und Hammer bearbeitete Gerhard Braungardt Metall, mit dem Ziel,

dem Gasthaus „Schwanen“ zu einem neuen würdevollen Wirtshausschild zu

verhelfen. Seit bald 40 Jahren wohnt er mit seiner Frau Hanneli in dem

Fachwerkhaus, das wohl im Jahr 1552 gebaut wurde. Er hat das Gebäude

seinerzeit mit viel Eigenarbeit restauriert. Der 71-jährige, bis 2009

Lehrer am Quenstedt-Gymnasium, engagiert sich stark in der Initiative

für den Erhalt des Dorfgasthauses, das schräg gegenüber liegt und

derzeit umgebaut und saniert wird. Er war eine treibende Kraft beim

Abbruch des „Rotkreuzhäusles“, wenn er „vergammeltes Fachwerk“ sieht,

juckt es ihm in den Fingern, wie er einmal sagte. „Eher mehr als

hundert Stunden“ hat der Jagdpächter und frühere Gemeinderat der

Alternativen Liste (ALN) in den vergangenen Wochen an einem neuen

Schwan für das große, geschwungene Wirtshausschild gearbeitet. Eines

Abends saß Braungardt während einem der legendären Schwanen-Abende

neben Malermeister Werner Nill. Sie kamen aufs Schild zu sprechen, das

augenscheinlich ramponiert war, vereinbarten eine Zusammenarbeit bei

der Restaurierung. Im Verfolg der Umbauarbeiten wurde das alte Schild

vom Bauhof abgenommen. Der alte Schwanen-Kerl in seinem Medaillon war

arg zerrupft, wie man feststellte, als der Bauhof ihn mitsamt Gestell

abmontiert hatte. Klapprig, löchrig, fadenscheinig. Ganz offensichtlich

hat auch eines Nachts einmal jemand ein Gasthaus-Fenster geöffnet und

nach dem Blechtier geschossen, der Winkel lässt nur diesen Schluss zu.

Zwei Löcher finden sich im Federkleid, Einschussloch und Austrittsloch.

Genau weiß niemand, wer es anbringen ließ, wer es Braungardt schätzt,

dass es „aus Kaisers Zeiten“ stammt. Das Weißblech, aus dem man auch

Konserven fertigt, ist mit Holz gefüllt. Ob der Handwerker aus Nehren

war? „In jedem Fall ein guter Flaschner.“ Aber der Zeiten Zahn

knabberte erheblich am Schwan. Ein neuer musste her. Weshalb sich

Braungardt das zutraute? „Ich bin als Schlosser sozialisiert.“ Er ist

in einer Schmiede und Schlosserei aufgewachsen, in Rosenfeld-Balingen.

Der Vater, selbst schon Nachkomme von Schlossern, war vielfältig tätig,

er erhielt auch Aufträge zur Herstellung von Turmhähnen. Das wurde ein

Spezialgebiet für den jungen Gerhard, im Alter von 16 bis 20 Jahren

half er dem Vater beim Heraustreiben der Figuren aus dem Metall.

Verdiente sich einiges Geld. Doch ein halbes Jahrhundert hat er kein

entsprechendes Werkzeug mehr in der Hand gehabt. Er musste erst in sich

gehen und brüten, wie es zu bewerkstelligen sei, so ein Turmhahn ist ja

bloß „bilateral-symmetrisch, hat eine linke und eine rechte Seite.“

Hier war aber eine Hohlform herzustellen. Von Flaschner Horst Wagner

bekam er nicht nur Hilfestellung und guten Rat, sondern auch

ausreichend Kupferblech, 0,7 Millimeter. Auch die Schlosserei von

Thomas Schelling half mit Werkzeug. Der Hammer braucht beim Treiben ein

Gegenstück, für den Bauch des Schwans musste das sehr hart sein. Er

verständigte sich mit Revierförster Reinhold Gerster, holte ein Stück

Eichenstamm in die Werkstatt, die nun, etwas ausgehöhlt, als Unterlage

beim Hämmern diente. Weicheres Weidenholz erfüllte diesen Zweck bei

anderem Material, als es etwa galt, die Augen des Greifen

herauszuarbeiten. Er verwendete verschiedene Punzen, nichtscharfe

Meißel mit verschiedenen Formen. Eine Blechschere war vorhanden. Dann

fand er auch noch in der Werkstatt den „finalen Treibhammer“, jenen,

mit dem er schon in der Jugend gearbeitet. Ein Holzhammer kam dazu.

„Erstaunlich, wie wenig man braucht, um einen Schwan aus Blech in die

Welt zu setzen.“ Die Umrisse der Einzelteile zeichnete er auf Karton

von Supermarktkisten für Seehechtfilet, fertigte Vorlagen für Bauch und

Hals. Begann mit dem Treiben. „Vieles ging nur durch Probieren, hier

was wegnehmen, da was dazutun, bis alles gepasst hat.“ Das

Versuch-und-Irrtum-Prinzip fruchtete. Bauch und Hals sind jeweils aus

zwei Teilen, die er mit einem Gasbrenner (Unkrautvernichter) aneinander

anpasste. Dann wurde der Hals an den Körper angelötet, mit dem Gerät

von Wagner. Zur Sicherheit sind aber auch Klammern angebracht. Der

Körper verfügt, wie das Vorbild, über schöne Federchen. Die Füße des

alten Schwans waren intakt, aber sie gefielen Braungardt nicht. Zu sehr

Plattfuß. Er machte sich sachkundig, wie die Füße der Gänsevögel

eigentlich genau gestaltet, nun wird der neue Vogel anatomisch korrekt

dargestellt sein. Im Leib des Schwans sitzt ein Verbindungsstück, das

den Leib stabil macht. Über diesem bringt der Hobbyschlosser eine

kleine Zeitbox an, in der er eine Botschaft unterbringen will, an die

Nachfahren, die Namen der beteiligten Handwerker, einen

Zeitungsartikel. Das alles zusammen wiegt gerade drei bis vier Kilo.

Somit ist der Braungardtsche Schwan viel leichter als das Tier vom

alten Wirthausschild. Über dem Sitzplatz des Schwans ist noch einmal

eine Verzierung, der Kopf eines Greifvogels. Auch diesen hat Braungardt

wieder hergestellt. Bald wird der neue Schwan in die Obhut von Nill

kommen, der ihm in seiner Werkstatt wiederum „Fassung“ geben wird, wie

der Fachmann den Auftrag von Farbe nennt. Dann kann er wieder ins

Medaillon eingepasst und samt Greifvogel und Gestell, das in Schellings

Werkstatt lagert, an der alten Stelle der Wirtshausfassade befestigt

werden. Wenn das Baugerüst abgenommen ist, der alte Schwanen neu

ersteht und der Schwan strahlend über den Köpfen jener schwebt, die

vorübergehen oder einkehren. Am Ende erlaubt sich Braungardt, das

Handwerkerzeichen seiner Familie dem Tierleib aufzuhämmern, ein

Tannenbaum, so lang wie ein Fingernagel, von unten natürlich nicht

sichtbar. Als winziges, aber deutliches Signal, wer hier Hand angelegt

hat. Denn: „Ich find‘, mein Schwan kann sich gut sehen lassen.“

Info: Der Schwan als Wirtshausname und -schild hat eine lange

Tradition, nicht nur in Nehren. Er steht einerseits in der christlichen

Symbolik für Licht, Reinheit und Keuschheit. Auch dem der Welt

zugewandten Menschen wird der Schwan zugeordnet. Der Entenvogel lag als

Wirtshausschildschmuck weit vor allen anderen Tieren. In Den Haag hieß

die vornehmste Gasthaus-Unterkunft „De Zwaan“, auch für Fürstlichkeiten

geeignet. Der langer Hals des Schwans, mit dem er weit ins Wasser

reicht, brachte ihm aber auch den Namen „nathals“ ein, nasser Hals,

gleichbedeutend mit Trunkenbold. Nicht nur der Barockprediger Abraham a

Sancta Clara  bezeichnete den Schwan als Sinnbild der Gleisnerei, weil

er mit seinem Federkleid sein schwarzes Fleisch, das sündige Innere,

verberge, nämlich die Fleischeslust (peccatum carni). Auf Bildern von

Hieronymus Bosch sind Menschen zu sehen, die vor zwielichtigen

Gasthäusern mit dem Schwan als Wirtshausschild stehen.

Mit Vorfreude ins neue Jahr

Möge das Jahr 2017 ein spannendes, betriebsames und hoffentlich erfolgreiches Jahr werden. Unsere  Dorfkneipe wird mit neuem Konzept, neuem Federkleid und mit viel Unterstützung aus der Bürgerschaft an den Start gehen, darauf freuen wir uns!

Allen Schwanen-Freunden einen guten Rutsch ins Jahr 2017! Wir sehen uns!

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Newsticker 31.10.16

Die Anzahl der Absichtserklärungen steigt weiter! Ihr seid alles Multiplikatoren für unser gemeinsames Projekt. Es wäre schön, wenn wir die Anzahl der „Zeichner“ gemeinsam noch nach oben korrigieren könnten. Bitte werbt kräftig für unser DorfGasthaus, vielleicht könnt Ihr den Einen oder Anderen gewinnen! Danke!

Formulare können angefordert werden unter: info@schwanen-nehren.de

 

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